Was habe ich mich auf Brügge gefreut! Endlich diese pittoreske kleine Stadt sehen, von der jede*r schwärmt. Dort angekommen war ich erstmal einfach nur enttäuscht. Woran es lag, an der Hitze, August, meiner Laune oder weil ich vorher in Gent war, weiß ich nicht, auf jeden Fall musste ich,  sofort an den Film „Brügge sehen und sterben“  denken. Ganz besonders an Colin Farell, der als Hauptdarsteller den Auftragskiller spielt, sich in Brügge unglaublich langweilt und die Stadt als Scheißkaff bezeichnet. Ganz so weit würde ich dann doch nicht gehen.

Obwohl ich ich mich so gefreut hatte, endlich einmal dort zu sein, fand ich die Stadt nicht besonders romantisch und auch nicht mit besonders viel Flair, sondern ähnlich wie Venedig leider ein bisschen zu einer Kulisse für vornehmlich asiatische Touristen verkommen. Überall Grüppchen mit gleichfarbigen Käppis (hatte ich so auch noch nie gesehen), die ihrem Reiseleiter hinterherhetzten, wenn es mich in dem Moment nicht so genervt hätte, wäre es eigentlich zum Lachen gewesen.

Da ich mich so schnell nicht abbringen lasse und jedem, also auch Brügge eine zweite Chance gebe, schlendere ich trotzdem durch die Stadt. Da Brügge nie durch Kriege oder Brände zerstört wurde, ist der mittelalterliche Kern noch vorhanden und deshalb gibt es eine wunderschöne Innenstadt mit hübschen Häusern, netten Cafés und Bistros und dem Grote Markt mit den bunten Häusern drumherum. Nicht zu vergessen einige wirklich tolle Museen, Brauereien und natürlich Kirchen. Setzt man viel Fantasie ein und denkt sich die Menschenmassen weg, bleibt tatsächlich eine hübsche kleine Stadt mit vielen kleinen romantischen und hübschen Ecken, die zu Recht UNESCO Weltkulturerbe ist.

Da ist vor allem der Roozenhoedkaai, der Ort, den jeder aus oben genannten Film kennt und deshalb auch fotografiert. Natürlich war ich auch dort und natürlich habe ich, wie alle, auch ein Foto gemacht. Wunderschön fand ich auch den Grote Markt, mit all seinen bunten Häusern. In Brügge gibt es viele wunderschöne Cafés. Bei einem habe ich Pause gemacht, mich auf die Terrasse gesetzt und einfach Leute, also Touristen, beobachtet. Das Highlight war allerdings dieses Café von innen, sehr liebevoll gestaltet und mit viel Atmosphäre. Eigentlich wollte ich in die Heilig Blut Basilika, die unglaublich schön sein soll und in der wohl ein Tropfen von Jesus‘ Blut als Reliquie aufbewahrt wird, aber … richtig, die Menschenmassen.

Ich habe mich stattdessen für einen langen Spaziergang auf den Wallanlagen um Brügge herum entschieden. Und was soll ich sagen, an einem heißen Sommertag genau das Richtige. Von vielen Punkten führen Wege wieder zurück in die Stadt oder zu den Sehenswürdigkeiten, so dass ich auch irgendwann beim Beginenhof ankam. Früher war dies eine christliche Lebensgemeinschaft, heute beherbergt er ein Benediktinerinnenkloster. An diesem zauberhaften Ort, kann man wirklich gut kurz auftanken und die Ruhe genießen, um sich danach wieder ins Getümmel zu stürzen. Ich weiß, dass ich ganz Vieles von Brügge noch nicht gesehen habe, aber weil ich mir nicht vorstellen kann, dass ich von einem eigentlich so wunderschönen Ort so enttäuscht bin werde ich wiederkommen – wahrscheinlich mal im November oder Februar… und dann gebe ich Brügge die dritte Chance und  versuche, das Städtchen unvoreingenommen  nocheinmal zu entdecken – versprochen.