Sonnenuntergang bei Morella

Morella, unerwartet schön

Wie jeder und jede inzwischen weiß, suche ich die Stellplätze immer auch nach dem Kriterium „Kultur und Geschichte“ aus. Ich liebe es einfach, durch alte Städte zu streifen, Kirchen anzusehen oder Burgen und Klöster zu besichtigen. So bin ich auch auf Morella gekommen.

Schon bei der Anfahrt bietet sich ein Anblick, der förmlich nach Filmkulisse schreit. Eine Stadt, wie das Sahnehäubchen auf einem Kegelberg und als Kirsche darauf, die alte Burg. Umringt und abgeschlossen wird das Ganze von einer 2,5 Kilometer langen völlig intakten Stadtmauer und einem mächtigen acht Meter hohen Tor. Beides entstand im 14. Jahrhundert, als die Stadt aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage, zur Festung ausgebaut wurde.

Obwohl Morella auch innerhalb der Stadtmauer Filmkulissenpotential hätte, ist das noch nie passiert.

​Wissenswertes zu Morella

Jedem, der mich nach meinen liebsten Fahrstrecken in Spanien fragt, empfehle ich die Nationalstraße N-232 zu fahren. Sie verbindet Saragossa mit den Badeorten an der Mittelmeerküste und ist von der Streckenführung her eine der schönsten Straßen, die ich kenne. An eben dieser N-232 liegt auch Morella, an der Grenze der Region Valencia zu den Regionen Aragonien und Katalonien. Morella liegt auf tausend Metern Höhe, was im Sommer natürlich für sehr angenehme Temperaturen sorgt. Nachts kann es, gerade im Frühling und Herbst, auch mal unangenehm kalt werden. Als wir im Oktober da waren, war es mit 11 Grad aber völlig in Ordnung.

Eine kurze Geschichte Morellas

Morella und Umgebung können auf eine lange Geschichte menschlicher Besiedlung zurückblicken. Zumindest deuten archäologische Funde von Höhlenmalereien in Morella Vella und Gräberfunde aus der Bronzezeit darauf hin. Auf die wohl schon vorherige Besiedelung durch Dinosaurier komme ich nachher noch einmal zurück.

Das heutige Stadtbild Morellas wurde über Jahrtausende von den vielen unterschiedlichen hier herrschenden Völkern geprägt. In der Antike waren es zunächst die Römer, später die Griechen, Karthager, Iberer und Kelten, die Morella zu „ihrer“ Stadt erklärten und damit natürlich auch die Besiedlung beeinflussten. Nach den punischen Kriegen wurde Morella romanisiert und zur „Kolonie römischen Rechts“. Bis die Vandalen kamen und sich aus so benahmen. Sie besetzten Morella, brannten es vollständig nieder und gaben die Stadt 411 schließlich auf.

Nach einem ewigen Hin- und Her zwischen Westgoten und den Arabischen Armeen wurde Morella im Jahr 1117 durch König Don Alfonso I. erstmals christlich, aber nicht lange. Erst 1232 erfolgte die endgültige Rückeroberung durch Don Blasco de Alagón, genannt El Mayor.

Seitdem gehört Morella zu Spanien, auch wenn es speziell im 19. Jahrhundert hier immer wieder brutale und blutige Schlachten gab.

Auf der Burg von Morella
auf der Burg von Morella
Auf der Burg von Morella
die Arena von Morella
auf der Burg von Morella
abendlicher Blick auf Morella

Morellas Legenden

Legenden geben der Geschichte einer Stadt immer die richtige Würze und machen sie lebendiger. Morella hat zwei kleine Legenden zu bieten.

Die Legende vom geschlachteten Knaben

Ob diese Legende tatsächlich diesen Titel trägt, weiß ich nicht, aber mir erschien die Überschrift passend.

Im Jahr 1414 besuchte der Heilige Vinzenz Ferrer Morella. Die Frau, in deren Haus er für die Zeit seines Aufenthaltes wohnte, wollte ihm eine gute und seinem Ansehen entsprechende Mahlzeit zubereiten. Sie war jedoch so arm, dass sie sich kein Fleisch leisten konnte. Also schlachtete sie ihren Sohn und kochte eine Mahlzeit daraus. Vinzenz durchschaute dies, setzte den Jungen wieder zusammen und erweckte ihn erneut zum Leben. Der Junge war wieder komplett und lebendig, allerdings fehlte ihm nun der kleine Finger einer Hand.  Seine Mutter hatte während des Kochens gekostet, um zu sehen, ob es würzig genug war ….

An diese Legende erinnert eine Keramiktafel an der Casa Rovira in der Calle de la Virgin.

Das Sexenni Festival

Auch wenn diese Geschichte nicht offiziell als Legende geführt wird, gehört der Ursprung des Sexenni Festivals von Morella für mich in das Reich der Legenden.

Im 17. Jahrhundert wütete die Pest in Europa und im Jahr 1672 eben auch in Morella. Die Menschen starben wie die Fliegen und große Verzweiflung machte sich breit. Die tiefgläubigen Menschen wandten sich daraufhin an ihre Schutzpatronin, die Jungfrau von Vallivana. Auch die Verantwortlichen der Stadt schlossen sich an und beschlossen, das Marienbild von der 24 Kilometer entfernten Kapelle feierlich in die Stadt zu bringen.

Als dies geschehen war, geschah das Wunder: Alle Kranken wurden gesund und die Stadt hatte die Pest überwunden. Als Dank dafür beschloss der Magistrat am 14.2. 1473 auf Wunsch der Bevölkerung, alle sechs Jahre ein großes Fest zu Ehren der Jungfrau auszurichten. Das Sexenni Festival war geboren und wird auch heute noch alle sechs Jahre neun Tage lang in der zweiten Augusthälfte gefeiert.

Die Menschen pilgert zu der vierundzwanzig Kilometer entfernten Kapelle und holt das Bild der verehrten Jungfrau ab. In einem langen Fackelzug zieht man in die mit kunstvoll geschmückten Wandteppichen aus Krepppapier geschmückte Stadt ein. Danach beginnt das neuntägige Fest mit Tanzwettbewerben in bunten Kostümen und sicherlich viel Spaß, gutem Essen und jeder Menge Wein. Die nächsten Sexenni Festivals finden in den Jahren 2024 und 2030 statt und sind sicherlich einen Besuch wert.

Spaziergang durch Morella und seine Sehenswürdigkeiten

Schon beim Betreten der Stadt durch eines der sieben Tore, wird der erste Eindruck bestätigt. Man fühl Mittelalterfilm oder einem Fantasyroman und man wundert sich… Morella diente noch nie als Filmkulisse. Und nicht nur aus diesem Grund gehört Morella seit 2013 der „Vereinigung der schönsten Dörfer Spaniens“ an. Vor allen steinernen Sehenswürdigkeiten muss man die überwältigende Aussicht erwähnen. Rund herum in die imposante Berglandschaft und an Tagen mit guter Sicht bis ans Mittelmeer.

Basilika von Morella
in den Straßen von Morella
Häuser in Morella

Die Altstadt von Morella

Am besten startet man den Rundgang vom großen Parkplatz am nördlichen Ortsrand und spaziert durch das imposante Portal de Sant Miquel mit den beiden achteckigen Türmen die historische Altstadt. Gleich dahinter liegen die Touristeninformation und das Dinosaurier-Museum.

Dann sollte man sich einfach durch die kleinen Altstadtgassen treiben lassen. Treppauf, treppab durch gotische Bögen, enge Gassen und vorbei an wunderschönen Häusern. Am Ende der Hauptstraße kommt man auf den Placa de Colom. Hier lohnt es sich, einen sich hinzusetzen und einen Kaffee oder Aperitivo zu genießen und den Trubel der Altstadt außen vor zu lassen.

Santa Maria de la Mayor

Die erzbischöfliche Basilika ist mit ihrer blauen Kuppel und dem mächtigen Portal bereits von außen ein echter Hingucke. Und dann geht man hinein… und ist überwältigt.

Begonnen wurde der Bau im Jahr 1265 und achtundsiebzig Jahre später im Jahr 1343 vollendet. Wenn man vor der Basilika steht, beeindrucken die beiden mächtigen Portale, die aus dem 14. Und 15. Jahrhundert stammen, am allermeisten.

Nachdem ich einen Euro Eintritt bezahlt habe und ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, unbedingt das angeschlossenen Museum zu besuchen, dort aber auf gar keinen Fall zu fotografieren, betrat ich die Kirche. Ich habe in meinem Leben bereits viele Kathedralen, Basiliken und Kirchen besichtigt, aber das habe ich nicht erwartet. Im Inneren erwartete mich ein wahres Feuerwerk aus Blattgold, das kaum zu beschreiben ist.

Bereits der Altar de la V. del Carmen, den man als erstes sieht, besticht durch wunderschön gemalte Szenen, kunstvolle Schnitzereien und das, was diese Kirche auszeichnet, das viele Blattgold. Ein paar Schritte weiter blickt man über die Stuhlreihen auf den Hauptaltar: das gleiche Bild. Allerdings gestaltet sich der Hauptaltar ungleich größer und prächtiger.

Am besten hat mir aber die breite Chortreppe, eine Wendeltreppe, gefallen. So etwas habe ich nicht gesehen. Sie schlängelt sich um eine Säule nach oben auf die Empore. Man muss sich dieses aus gehärtetem Gips und mit Gold und Malerei verzierte Schmuckstück einfach ganz genau ansehen, denn es ist der Hammer.

Morella und der Trüffel

Bevor ich mich näher mit Morella beschäftigt habe, wusste ich es nicht: dieser kleine Ort gilt als die spanische Trüffelhauptstadt. Wahrscheinlich hätte ich es aber auch gemerkt, wenn ich im Februar da gewesen wäre, aber im Oktober war es nicht so deutlich spürbar.

Die Trüffelaffinität macht sich in den Geschäften schon bemerkbar, aber nicht überbordend.

Morellas Geschichte des Trüffels ist noch nicht alt. Erst in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurden in den Wäldern rund um Morella die ersten Trüffel entdeckt. Schnell erkannte man ihren Vermarktungswert und seitdem dreht sich vom Herbst bis Ende Februar alles um das schwarze Gold aus dem Wald.

Die schwarzen Trüffel aus Morella gelten als die qualitativ hochwertigsten und werden teuer gehandelt. Außerdem besitzt der Ort den größten Trüffelmarkt Spaniens und steht im Februar ganz im Zeichen der Knolle.

Der Stellplatz von Morella

Der Wohnmobilstellplatz Morelllas liegt gegenüber der Stadt auf einem Hügel. Er ist einer der schönsten Stellplätze, auf denen ich je gestanden habe, denn er bietet einen perfekten Blick auf die Stadt. Besonders bei Sonnenuntergang wird man verzaubert von den pastelligen Farben, in die die Berge getaucht sind, durchbrochen von den Lichtern der Stadt.

Der Stellplatz ist kostenlos und bietet außer dem schönen Blick alles, was man zur Ver- und Entsorgung benötigt. Wenn man die Stadt besichtigen möchte, sollte man hinüberfahren, denn der Weg ist zwar nicht lang, aber auch nicht sonderlich schön.